Meine Güte, ich bin verunsichert wie ein Teeny. Und das mit 55plus!
Meine Hände auf dem Lenkrad beginnen zu schwitzen und ich wische sie mir verstohlen an meinen Hosenbeinen ab, während mir dämmert, dass ich keine Ahnung habe, wie ich das Gespräch mit Britta beginnen soll.
‚Hallo, schön dich wiederzusehen!‘ – Quatsch, zu banal.
‚Hi, Britta, ich bin Phönix, aus der Asche auferstanden.‘ – Nein, hochtrabender Unsinn.
Himmel, was soll ich sagen, um nicht wie ein völliger Idiot dazustehen?
Wie ihr erklären, dass aus einem unscheinbaren, kaum als wirklich feminin wahrgenommenen Wesen die Frau wurde, an die ich beständig denken muss?
Die mich auf- und anregt, herausfordert und beruhigt gleichermaßen.
Deren weicher Körper und runde Brüste mich in den letzten Wochen im Wachen und im Träumen verfolgt haben.
(Leseprobe aus ‘One-Way-Ticket from Hell to Love’, ISBN 9783758307140, auch als E-Book erhältlich)
Ich seufze und strenge mich wirklich an, nicht schon am Morgen Bitterkeit in mir aufkommen zu lassen. Und doch passiert es mir wie so oft, dass ich das Gesicht meines Mannes Martin, pardon Ex-Mannes, vor mir sehe.
Jenen Moment, als ich die Türe seines Büros in seiner Kanzlei öffnete und ihn in flagranti erwischte, mit heruntergelassener Hose und seine blonde Tussi rammelnd wie ein Hase.
Ich weiß nicht, warum mir dieser Vergleich einfiel, aber er hat mich vor einer Wutexplosion bewahrt. Ich brachte sogar die Coolness auf, mein Handy aus der Hosentasche zu ziehen und blitzschnell ein Beweisfoto zu schießen. – Mein mit allen Wassern gewaschener Rechtsanwalts-Gatte würde mich nicht legen und über den Tisch ziehen!
Wenn es nur leichter wäre, die Vergangenheit wirklich ad acta zu legen!
Die Bilder des jüngeren Martin, sein Enthusiasmus und seine Lebendigkeit spuken durch meinen Geist. Sie sind langsam durch Kalkül und Beherrschtheit ersetzt worden, garniert mit wachsendem Zynismus und Abgebrühtheit. Und irgendwann ist das, was ich nur als seine Berufsmiene identifizierte, ihm in Fleisch und Blut übergegangen, hat ihn verändert.
Doch ich habe mein Bild von ihm beibehalten, mich daran festgeklammert, obwohl es längst passé war. Eine Sehende, die blind bleiben wollte.
(Leseprobe aus „One-Way-Ticket from Hell to Love“, ISBN 9783758307140, auch als E-Book erhältlich)
Entgegenkommende Biker grüße ich mit lässig erhobener Hand, dieser speziell unter uns bekannten Geste. Obwohl, ich bin eigentlich nicht der übliche Motorrad-Typ, habe weder Tattoos noch überdimensionierte Muckis, neige auch nicht zu Testosteron-Attacken oder Alkohol-Exzessen.
Ich erfülle mir lediglich meinen Bubentraum von der großen Freiheit auf zwei rasenden Rädern. Mag sein, dass ich ein Außenseiter bin, doch das ist mir egal.
Nun erhöhe ich das Tempo bis zum erlaubten Limit und auch ein wenig darüber hinaus. Nicht viel und nur kurz, aber es muss sein.
Ich brauche den kräftigen Fahrtwind um die Nase, das Schnurren meiner Maschine unter mir und den heavy Sound im Ohr.
Yeah! Das ist es, diese Freiheit, die mich jedes Mal mehr und mehr erfasst.
Und das Fahrgefühl verstärkt meine Vorstellung von der Zukunft. Ja, dieser Rausch, der keine erhöhten Promille verursacht, macht süchtig. Ich lege mich in die Kurven und denke an eine Wölfin, einsam wie ich, die hinter mir sitzen oder auf ihrer eigenen Maschine fahren sollte. Doch so flüchtig diese Sehnsucht kommt, so schnell vertreibe ich sie.
Wünsch dir nichts Unmögliches, Christoph, befehle ich mir und ergebe mich dem Drive der Kurven durch dieses wildromantische Alpental. Diese Gleichmäßigkeit des Beschleunigens und Bremsens, die Drums in meinen Ohren und mein schneller werdender Puls, als mich der Flow mit sich reißt.
Mein Mädchen folgt jeder meiner Bewegungen, jedem Verlagern meines Gewichts. Mein Hirn wird leerer und leerer, die Leichtigkeit des Seins überfällt mich, lässt mich fliegen.
(Leseprobe aus „One-Way-Ticket from Hell to Love“, ISBN 9783758307140, auch als E-Book erhältlich)