Eine seiner graumelierten Haarsträhnen war ihm in die Stirn gefallen und um seine äußeren Augenwinkel breiteten sich kleine Fältchen wie ein zarter Fächer der Erheiterung aus. Jetzt kam noch Schalk in seinen Blick, weil ein toller Streich gut geglückt war.
     Dazu versprühte er dieses charmante Lächeln, das sicher schon viele Frauenköpfe verdreht hatte, wie sie vermutete. – Bei wie vielen dann gebrochene Herzen die Folge waren, wollte Hanna lieber nicht wissen.
     Sie sah ihn dastehen – anziehend, männlich selbstbewusst und unwiderstehlich.
     Warum nur hatte sie sich nicht mehr vor ihm gehütet?
     Ihr dummes Herz triumphierte gerade über ihren Verstand.
     Doch Liebe ließ sich nicht verhindern, nicht leugnen, aber auch nicht zwingen. Sie passierte, so sehr man sich auch wehren wollte. Liebe brach manchmal so elementar wie ein unvorhersehbarer Sturm herein. Oder sie umhüllte wie eine sanfte Brise und trug ein Lebensschiff über eine weite Strecke.
     Hanna kannte beides und beides war gleich schön, tief und die Seele wärmend.

(Leseprobe aus „Sind drei einer zu viel?“, Hannas Geschichte Teil 2,  ISBN 9783758304873, auch als E-Book erhältlich)

     Es war kein Sonnenuntergang wie in der Karibik, mit einem Feuerball, der glühendrot im Meer versinkt bei 36°, begleitet von einem romantischen Liebesakt am Sandstrand,  umspült vom warmen Salzwasser – angeblich ein oft gehegter weiblicher Wunschgedanke.
     Nein, es war eine nur lauwarme Sonne, die sanft wie ein verheißungsvoller Abschied ins Meer entglitt. Mit ihrer letzten Kraft warf sie noch einen Abglanz auf rosarot, dottergelb bis violett gefärbte Wolken, die wie bunte Tupfen auf dem immer dunkler werdenden Firmament dahinglitten; so nah, dass Hanna die Hände danach ausstrecken wollte, um eine zu pflücken, in die Tasche zu stecken und als Erinnerung mitzunehmen.
     Sie hatte nur am Rande wahrgenommen, dass Paul sich neben sie setzte.
     Genau so hatte sie sich in ihren kühnsten Träumen den Ausklang eines harmonischen Tages an der See gewünscht. Die Wirklichkeit machte sie nun stumm, beinahe ehrfürchtig und ließ sie in eine fast tranceartige Stimmung gleiten. Ihre Gedanken kamen wie eine Sturzflut – ungeordnet und unbezähmbar; ließen sich nicht festhalten, bis ihr Kopf leer war und zuletzt ein Blitz, leuchtend und blendend, in ihr aufzuckte. Mit einem Mal wusste sie – dieser perfekte Augenblick jetzt war Glück, ja, Glück.
     Dieses Glück – so oft herbeigesehnt, beschworen, nachgerannt, erklärt, zerpflückt, meist unerkannt und immer flüchtig – durfte sie für Minuten empfinden, und Dankbarkeit überflutete Hanna.
     Und ohne es verhindern zu können, rannen ihr lautlos die Tränen über die Wangen. Sie hätte den Moment für die Ewigkeit festhalten mögen. Die Zeit anhalten, um diese vollendete Emotion für immer einzufrieren.

(Leseprobe aus „Sind drei einer zu viel?“, Hannas Geschichte Teil 2, ISBN 9783758304873, auch als E-Book erhältlich)

     Paul sah das Schimmern in ihren Augen und die Spuren vergossener Tränen auf ihren Wangen, bemerkte die eingedrückte Mulde auf seinem Bett.
     Mit drei großen Schritten war er bei Hanna, zog sie wortlos mit einem tiefen Aufseufzen in seine Arme. Und sie klammerte sich an ihn wie an einen Rettungsanker, so als ob sie ihn nie mehr loslassen wollte.
     Sie küssten sich, immer inniger, immer verzweifelter; bis ihr aufgestautes Begehren hereinbrach in einem nicht gekannten Ausbruch der Leidenschaft, der in Wogen von Lust gipfelte.
     Völlig erschöpft und verausgabt, leer an Energie und doch zugleich erfüllt von einem Lichterbogen der Befriedigung lagen sie eng aneinander geschmiegt, Gliedmaßen und Laken unentwirrbar zu einem Knäuel verbunden.
     Hanna hörte Pauls gleichmäßiges Herzklopfen und er spürte ihren regelmäßigen Pulsschlag an ihrem Handgelenk, das auf seiner Brust lag. Und der Takt synchronisierte sich, beruhigte beide auf magische Weise.
     Worte waren überflüssig geworden. Ihre Körper hatten sich gesagt, was nicht über ihre Lippen kam, warum auch immer. Sie brauchten einander, ergänzten sich, fühlten sich unvollständig ohne den andern, Yin und Yang.
     Es war – trotz allem – Liebe, nicht mehr und nicht weniger.      

(Leseprobe aus „Sind drei einer zu viel?“, Hannas Geschichte Teil 2, ISBN 9783758304873, auch als E-Book erhältlich)

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